Phytinsäure ist eine organische Säure, die in Pflanzen vorkommt. Sie dient ihnen als Speicher für Phosphor und Mineralstoffe, welche die Pflanze für ihr Wachstum benötigt. Beim Menschen hemmt Phytinsäure die Aufnahme von Mineralstoffen und Spurenelementen im Darm, da sie diese unlöslich binden kann. Phytinsäure wirddeshalb auch als Antinährstoff bezeichnet. Doch haben Lebensmittel, die Phytinsäure enthalten gravierende Nachteile?
Was ist Phytinsäure?
Chemisch gesehen ist die Phytinsäure ein Inosit-Phosphat. Inosit wiederum ist eine Substanz, die natürlicherweise sowohl im menschlichen Körper vorkommt als auch in vielen Lebensmitteln enthalten ist – vor allem in pflanzlichen. Phytate sind Salze der Phytinsäure. In der Natur kommen hauptsächlich Magnesium-, Calcium- und Kaliumphytate vor.
Wo ist Phytinsäure enthalten?
Alle essbaren Getreide, Pseudogetreide (z. B. Quinoa, Amaranth, Buchweizen), Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen enthalten Phytinsäure bzw. Phytate in unterschiedlichen Mengen. Besonders hohe Gehalte finden sich in Vollkornprodukten und Kleie, denn bei Getreidekörnern befindet sich der Pflanzenstoff vor allem in den Randschichten sowie in Samen. Geringe Mengen stecken auch in Wurzeln und Knollen.
Der Gehalt variiert allerdings in den einzelnen Lebensmitteln stark. Einflussfaktoren sind unter anderem die Sorte, das Klima, die Bodenqualität.
Wirkung auf den Menschen
Phytinsäure und ihre Abkömmlinge können die Aufnahme von Mineralstoffen und Spurenelementen im Darm hemmen, da sie diese binden. Die Bioverfügbarkeit wird reduziert. Die Hemmung der Mineralstoff- und Spurenelementaufnahme ist in der Regel aber nicht so stark wie befürchtet. Die Lebensmittel enthalten oft gleichzeitig das Enzym Phytase, das Phytinsäure abbaut und somit die Mineralstoffe und Spurenelemente freisetzt. Dies kann durch diverse Zubereitungsmethoden aktiviert werden.
Reduzierung der Phytinsäuremenge
Einweichen, Kochen, Keimen und Fermentieren von Lebensmitteln sind in der Lage, die Phytinsäure in den Zutaten zu reduzieren. Wie stark genau, ist allerdings unterschiedlich. In Bezug auf Brot lässt sich generell sagen, dass Roggen reich an Phytase ist, sodass Brote aus Roggenmehl oder -schrot weniger Phytinsäure enthalten als vergleichbare Produkte aus Weizen.
Die Bioverfügbarkeit von Mikronährstoffen wird außerdem durch weitere Faktoren beeinflusst. So fördert Vitamin C beispielsweise die Eisenaufnahme. Das überwindet die hemmende Wirkung der Phytinsäure, wenn Haferflocken im Müsli mit Obst gegessen werden. Wenn tierische und pflanzliche Lebensmittel kombiniert werden, verbessert sich durch das tierische Protein die Aufnahme von Zink und Eisen auch aus pflanzlichen Quellen.
Verschiedene Studien haben zudem gezeigt, dass es durch das regelmäßige Essen von Lebensmitteln mit Phytinsäure zu einer Anpassung der Darmflora kommt. Bakterien, die in der Lage sind Phytinsäure abzubauen und so die Verfügbarkeit von Mikronährstoffen zu verbessern, vermehren sich. Phytatreiche Lebensmittel wie Hülsenfrüchte oder Leinsamen sind oft reich an Ballaststoffen. Diese pflanzlichen Faserstoffe dienen nützlichen Bakterien als Nahrung und fördern damit deren Vermehrung. Beim Abbau entstehen kurzkettige Fettsäuren wie Propionsäure und Buttersäure, die den pH-Wert im Dickdarm senken, was die Verfügbarkeit von Mikronährstoffen für den Körper verbessert.
Hat Phytinsäure auch Vorteile?
Lange galt Phytinsäure nur als störender Antinährstoff, dessen Gehalt in Lebensmitteln so niedrig wie möglich sein sollte. In der neueren Forschung ist das Bild von Phytinsäure jedoch differenzierter. So kann Phytinsäure den glykämischen Index von stärkehaltigen Lebensmitteln senken. Dieser Index gibt an, wie schnell Kohlenhydrate verdaut werden und daraufhin einen Anstieg des Blutzuckers bewirken. Die Wirkung kommt vermutlich daher, dass das Enzym Amylase gebremst wird, das an der Verdauung von Kohlenhydraten beteiligt ist.
Phytinsäure gehört zu den Antioxidantien. Diese schützen die Zellen vor sogenannten freien Radikalen, die den Körper von außen attackieren und im Stoffwechsel selbst entstehen. Das soll das Risiko für zahlreiche Erkrankungen senken.
Die gesundheitsfördernde Wirkung der Phytinsäure kann auch auf dem gleichen Prinzip beruhen wie ihre potenzielle Schadwirkung, nämlich auf der Fähigkeit, Substanzen zu binden. Häm-Eisen aus Fleischverzehr wird besser aufgenommen als pflanzliches Eisen, kann aber zum Problem werden, wenn viel Fleisch gegessen wird. Das steht im Zusammenhang mit krankhaften Veränderungen von Dickdarmzellen und gilt als ein Risikofaktor für die Entstehung von Dickdarmkrebs, Wenn Phytate zusammen mit Häm-Eisen verzehrt werden, ist es vorteilhaft, wenn sie einen Teil dessen binden. Gefäßverkalkung ist eine Begleiterscheinung bei Niereninsuffizienz. Da kann es von Vorteil sein, wenn überschüssiges Calcium gebunden wird.
Fazit: Phytinsäure ist nicht nur schlecht und nicht nur gut. Vollkorn enthält zwar mehr Phytinsäure als Weißmehl, aber auch mehr Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente und wichtige Faserstoffe für den Darm, sollte daher nicht wegen der Phytinsäure gemieden werden.