Basisprogramm Regeneration - Teil 1: Die tägliche Wiederherstellung des Körpers

01.11.22 12:00 AM Von Dr. rer. nat. Susanne Schwarzer

Fein abgestimmte Prozesse sorgen in unserem Körper täglich dafür, dass er trotz Verschleiß und Belastung reibungslos funktioniert. Diese „Regeneration“, wörtlich „Wiederherstellung“, bildet die Basis für anhaltende Gesundheit und Vitalität. Wie gut Ihr Körper das kann, hängt von vielen Lebensumständen ab. Die tragenden Säulen sind gesunder Schlaf, eine ausgewogene Vitalstoffversorgung und auch ausreichend Zeit ohne Nahrungsaufnahme, während der ihr Körper sich dieser wichtigen Arbeit widmen kann. 

Während es – wie Sie spätestens seit der letzten Ausgabe (reformleben Nr. 46) wissen – durch Nahrungsergänzung ein Leichtes ist eine optimale Vitamin-D-Versorgung sicherzustellen, stellt das Element "Regeneration" des Basisprogramms für längere Gesundheit für viele Menschen schon eine größere Herausforderung dar. Stellen Sie sich Ihren Körper wie ein Haus vor, in dem Sie wohnen. Es müssen immer wieder Teile gewartet, repariert oder ersetzt werden. Je vollständiger, gewissenhafter und regelmäßiger das geschieht, desto länger hält es. Mit Ihrer Unterstützung ein Leben lang. Wir sagen Ihnen wie das gelingt.

Intervallfasten – die gesunde Antwort auf den Überfluss

Regeneration findet rund um die Uhr statt, besonders aber wenn der Körper Zeit dafür findet: nachts, wenn wir schlafen und in längeren Essenspausen. Werfen wir zunächst einen Blick auf die Essenspausen. 

Unser Körper ist auf den Wechsel zwischen Kalorienverbrauch (jagen/sammeln/schlafen) und Kalorienaufnahme (essen) programmiert und da sollten wir in Zeiten von Fast-Food und Völlerei auch wieder hin. In vielen Kulturkreisen gehören regelmäßige Entlastungskuren, das „Fasten“, zum gesunden Leben. Wer regelmäßig verzichtet, gönnt seinem Körper und seinem Geist eine Auszeit. Wissenschaftler wissen heute, dass wir die Nahrungspausen dringend zur Regeneration benötigen. 

Die körpereigene „Müllabfuhr“ aktivieren

Das Intervallfasten, z. B. täglich 16 Stunden (über Nacht) fasten und 8 Stunden essen, hat hier neue Möglichkeiten geschaffen. Dauerhaft anwendbar ist es, strenggenommen, kein „Fasten“ mehr. Eher eine gesunde Ernährungsform oder – provokant formuliert – eine Rückkehr zur Normalität. Intervallfasten kombiniert die alltagstaugliche Möglichkeit zur Gewichtskontrolle mit den heilenden Impulsen des Fastens. „Autophagie“, heißt das Schlüsselwort fachsprachlich. Erhält der Körper keine Nahrung, beginnt er bei sich selbst aufzuräumen, zu essen, was an Ballast „rumliegt“. Das hat zwei Vorteile. Über den Stoffwechselweg der Glukoneogenese produziert er so bei fehlender Nahrungszufuhr aus diversen zurückgelassenen und nicht mehr verwertbaren Verbindungen Zucker für die Energieproduktion und räumt damit gleichzeitig mal so richtig auf. Ausschließlich schadhafte Zellbestandteile werden vertilgt, wie etwa das fehlerhaft gefaltete Eiweiß „Beta-Amyloid“ im Gehirn, das mit der Alzheimer-Erkrankung in Verbindung gebracht wird. Angestoßen wird dieses „Recycling“ durch Moleküle, die bei Blutzuckermangel produziert werden, darunter das Hormon Glukagon und Spermidin, ein Enzym, das auch bekannt ist, Entzündungen zu unterdrücken und die Stressresistenz von Zellen zu erhöhen. 


Für die Entdeckung der "Autophagie" erhielt der Japaner Yoshinori Osumi 2016 den Nobelpreis für Medizin. Hungert der Körper, schließt er schadhaftes und Infektiöses in den Zellen durch Membranen ein (Autophagosomen), die dann mit sogenannten Lysosomen verschmelzen, in denen sich zersetzende Enzyme befinden. Die Bausteine, die bei der Zersetzung übrigbleiben, kann die Zelle neu verwerten.

Studien zeigen, dass Autophagie eine wichtige Säule im Schutz vor Alterungsprozessen ist, vor der Verlangsamung des Stoffwechsels, vor nachlassenden Immunfunktionen, vor rigiden Geweben, schlechter Wundheilung, erhöhter Infektionsgefahr und verminderter Regeneration. Alle samt degenerative Prozesse, die zu Bluthochdruck, Herzversagen, Demenz und schwer verlaufenden Infekten führen, zu Bewegungseinschränkungen, Verdauungsproblemen, Schmerzen und Krebsleiden. Störungen in der Autophagie werden mit all diesen Leiden in Verbindung gebracht. Autophagie ist das tägliche „Anti-Aging“ der Evolution. Es kommt in jeder Zelle vor, von der Bäckerhefe bis zum Menschen.

Besser gewappnet, auch gegen Infekte

Auch der Insulin-Spiegel sinkt beim Intervallfasten täglich für ein paar Stunden, die Konzentration des Blutzuckers regulierenden Hormons. 

Das beugt nicht nur der Zuckerkrankheit vor. Es schult den Körper auch flexibel zwischen Zucker und Fetten als Energiequelle zu wechseln und uns so durchgehender leistungsfähig und schlanker zu halten. Die entstehenden Ketone aus dem Fettstoffwechsel wirken ergänzend bösartigem Tumorwachstum entgegen, unterstützen die Darmgesundheit und die Immunkompetenz und wir schlafen auch besser, wenn wir nach 18 Uhr nichts mehr essen. 

Interessanterweise haben wir bei Infekten weniger Hunger. Nicht nur weil wir uns schlecht fühlen. Der sogenannte „Fasteninstinkt“ unterstützt die Immunabwehr. Ohne Nahrungsnachschub hungern auch die Bakterien in unserem Blut und regulatorische Mechanismen sorgen für einen stabileren Blutdruck, für mehr entzündungskontrollierendes Cortisol im Blut und für Autophagie, die den Körper bei der Zellsäuberung von Viren und Bakterien unterstützt. 

COVID-19 hat uns aufmerksam gemacht. Diabetes und Übergewicht gehören zu den Hauptrisikofaktoren für schwere Verläufe bei den unter 65-Jährigen. Allein Übergewicht schlägt hier mit über 30 Prozent zu Buche. Groß angelegte Studien haben inzwischen gezeigt, dass Intervallfasten zwar nicht unbedingt das Infektionsrisiko senkt, wohl aber das Risiko für schwere Covid-Verläufe und das um um etwa 50 Prozent. 

Jungbrunnen Schlaf

Im Schlaf finden, neben der Autophagie, auch Reparatur- und Aufräumarbeiten statt. Eine zweite Ebene der Regeneration. Eine gezielt erhöhte Zellteilung lässt Wunden heilen und hilft beanspruchte Organe gesund zu erhalten, darunter die entgiftenden Nieren, die Leber, die Schleimhäute des Darms, das Herz und die Blutgefäße. Nachts hat der Körper aber auch Kapazitäten, um neue Immun- und Nervenzellen zu bilden oder verbrauchte Stoffwechselenzyme zu ersetzen, den Blutzuckerspiegel wieder ins Gleichgewicht zu bringen und Entzündungen zu bekämpfen. Die Muskeln verbrennen nachts Fett, um Kraft für den nächsten Tag zu sammeln. Das Gehirn sortiert die Eindrücke des Tages. Auch Stress wird nachts abgebaut. 

Gesunder Schlaf ist unerlässlich für die Regeneration. Er sorgt für unser tägliches Wohlbefinden, erhält die Leistungsfähigkeit und beugt vielen chronischen Krankheiten vor, darunter dem Diabetes (der Zuckerkrankheit), Herz-Kreislauf-Leiden, Demenz, Übergewicht, chronische Entzündungen und Infekte. Schlaf wird über das Auf- und Ab chemischer Botenstoffe gesteuert. Mit einsetzen der Dämmerung macht uns das Hormon Melatonin müde und schiebt die Regeneration an. Mit Tagesbeginn sorgt das Hormon Cortisol wieder für Leistungsbereitschaft. Mehrere Zyklen mit Leichtschlaf, Tiefschlaf und Traumphasen (REM-Phasen) folgen dabei aufeinander. In den Tiefschlafphasen überwiegen die körperlichen Regenerationsprozesse. In den Traumphasen verarbeitet das Gehirn das Erlebte und Gelernte. Es erweitert sein Wissen und Entlastet sich. So haben wir nachts auch oft die besten Ideen und sehen morgens klarer. Chronische Schlafstörungen sind ein Risikofaktor für Demenz. 

Als gesunder Durchschnitt gelten für einen Erwachsenen 7 bis 8 Stunden täglich. Manchen brauchen nur 6, andere 9. Auch der Rhythmus, „Nachteule“ oder „Früher Vogel“, schwanken individuell. Ausschlaggebend ist, dass sie sich tagsüber erholt fühlen. 

Erschienen in:

Reformleben Magazin

Ausgabe Nr. 47 (Nov./Dez. 2022)

Ohne Befund doch nicht gesund

Die moderne Medizin konfrontiert uns mit einer Vielzahl an Befunden. Gleichzeitig bleibt der Grund mancher Beschwerden im Dunkeln. Dr. Klaus Mohr über eine Diagnostik, die immer noch zwischen Körper und Seele trennt./p>

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