Dieser Text ist, mit aufrichtigem Dank für sein Wirken und Sein, Herrn Otto Greither, der mich oftmals inspiriert und bestärkt hat, zum hundertsten Geburtstag gewidmet. Er ist kluger Mentor, weise, mutig, nachhaltig - und ein Meister auch der Sirtuin-Aktivierung, für die unter seiner Leitung einige Mittel entwickelt wurden.
In unseren Körperzellen ist Jahrmillionen lang bewährtes, jedoch wenig bekanntes und ungehobenes Potenzial für das Leben. Für den Zellschutz. Damit auch für die Erhaltung der Gewebe und der Organe. Das ist die Aufgabe, die Leistung der Sirtuine. Die in unseren Körperzellen ausreichend – aber oft unzureichend – gebildet werden können. Populär wurden sie, wurde die Sirtuin-Funktion erst zur Gewichtsreduktion. Übergewicht kann Symptom für Sirtuin-Schwäche sein.
Sirtuine können noch weitaus Wichtigeres. Das SIR in ihrem Namen steht für ihre Funktion: als Silent Information Regulator(SIR), für stillen, schweigenden Informationsempfang und Ausgleich. Vermutlich haben Philosophen und Naturwissenschaftler zur Namensgebung beigetragen.
Sirtuine gibt es in den Zellen von Lebewesen, von Einzellern und Pflanzen schon seit ein paar hundert Millionen Jahren – sonst hätten die Arten nicht überlebt. Auch in den Körperzellen von Tieren sind Sirtuine und auch in den Körperzellen von uns Menschen – aber da durch die Zivilisation zunehmend geschwächt.
Die meisten von uns wissen von ihrem Blutzucker und ihrem LDL- Cholesterin, aber nicht ganz so viel von ihren Sirtuinen. Aschenputtelartig schien deren Funktion als Enzyme, als unauffällige Histon-Deacetylasen. Vielleicht denken Sie da, sowas braucht doch kein Mensch, der (oder muss man schon sagen: den) hat doch die moderne Medizin. Aber so zu denken, könnte ein Irrtum sein und Fehler. Die Aufgabe der Sirtuine, also der Histon-Deacetylasen, ist, wie der Name schon sagt, das Abtrennen von Acetylgruppen, die an den Histonen, den Proteinfäden, an denen unsere Erbsubstanz sich befindet, von Lysin Molekülen. Hört sich kompliziert, diffizil, irgendwie unwichtig an. Ganz winzig. Ist aber von einiger Bedeutung für ihre Lebensdauer, mehr noch für ihre Gesundheit in dieser. In minimis Deus maximus steht über der Eingangstür des alten botanischen Instituts der Universität Marburg, meiner Alma Mater: im Kleinsten ist Gott am größten. So könnte es auch in uns sein. Ist aber oft umgekehrt. Das scheinbar Größte und das scheinbar Kleinste.
Was ist da mit den unscheinbaren, stillen Sirtuinen. Was bringen die uns, indem sie ein paar Acetylgruppen von Lysin-Komponenten unserer Histone abtrennen?
Damit schalten sie bestimmte Genabschnitte ein, die für unsere Gesundheit und unser Leben notwendig sind. Deshalb werden Sirtuine auch dann aktiviert, wenn unsere Körperzellen unter Stress stehen. Im Pflanzenreich, in den Pflanzenzellen, war das durch Nährstoffmangel bedingt und/oder oxidativen Stress, durch übermäßige Sonnenstrahlung oder üppiges SubstratAngebot. Und natürlich ist auch für die Pflanzen schon das Altern einiger Stress, den sie mit ihren Sirtuinen so gut wie möglich bewältigen. Von Pflanzen habe ich niemals Klagen, Verlangen, Fordern gehört. Was machen Pflanzen anders? Was leisten ihre stillen Enzyme und Sekundärstoffe? Hier kommt mir ein Gedicht von Gottfried Benn in den Sinn:
Anemone
Erschütterer:
Anemone, die Erde ist kalt, ist nichts,
da flüstert deine Krone ein Wort, des Glaubens, des Lichts.
Zur Antwort auf Stress, auf Belastung und Kälte, zur Reaktion auf Belastung und Wirklichkeit, zur Regulation, zum Verhindern von Stressfolgen induzieren Sirtuine
- die Reparatur beschädigter DNA, damit die Integrität unserer Gene
- die Regulation unseres Energiestoffwechsels:
- Energiegewinnung aus Fettsäuren und
- regenerieren Insulinsensitivität.
- Zudem schützen die Sirtuine unsere Mitochondrien,
- dienen so der Widerstandsfähigkeit gegen Stress, also
- der Resilienz und dazu auch
- der Autophagie.
Das ist ein ganzes Bündel von Wirkungen, die alle dem Erhalt unserer Körperzellen gerade unter schwierigen Bedingungen dienen. Gerade dann verstärkt die Autophagie unsere Regeneration. Was widersprüchlich scheint: sich selbst verzehren wird doch gewöhnlich mit Abbau und Verlust assoziiert. Hier ist aber das Gegenteil der Fall. Die sirtuininduzierte Autophagie dient dem Aussortieren defekter und schädlicher Moleküle (ein Beispiel: Tau-Protein, das als Faktor der Alzheimer-Demenz gilt), also der Zellreinigung und gleichzeitig dem Recycling noch brauchbarer Komponenten. Autophagie bewirkt also eine Art Verjüngung der Körperzellen, und damit des Organismus. Besonders wichtig zum Schutz vor Nervenzellkrankheiten. Da immer mehr Menschen an Morbus Parkinson und Alzheimer Demenz erkranken.
Woran fehlt es da? Ist da eventuell ein Sirtuin-Mangel? Oder sind das einzig Zivilisationskrankheiten? Trotz aller Fortschritte, Prozeduren und Erfolge der eingreifenden Medizin steigt die Flut der Zivilisationskrankheiten immer noch an. Was fehlt da?
Der prägnante Begriff entstand schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in der Zeit, als die Industrialisierung einen ersten Höhepunkt erreicht und manches in der Gesellschaft, damals noch ansatzweise, verändert hatte. Erst mal hatte der Neurologe George Beard aus New York die Neurasthenie so genannt, die damals neuartige Nervenschwäche und Empfindlichkeit (die seitdem weiter zunahm). Heute bloß anders bezeichnet. Denn immer noch nehmen Angststörungen, depressive Episoden und bipolare Störungen, auch Zwangserkrankungen, so die neue Nomenklatur, weiterhin zu. Der Bedarf an Psychotherapie wächst.
Zudem wurden seit Beginn des vorigen Jahrhunderts, vermehrt seit den 1950er Jahren etliche Krankheiten, die bis dahin selten und kaum bekannt waren, arg häufig:
- Übergewicht und Stoffwechselerkrankungen
- Diabetes mellitus vom Typ II wegen Insulinresistenz
- Gicht, Hyperurikämie (Anm. d. Redaktion: erhöhter Harnsäurespiegel), Niereninsuffizienz
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen, vor allem
- Herzinfarkte und Schlaganfälle
- etliche Arten von Krebserkrankungen
- Depressionen und Ängste
- Allergien
- Karies
- Osteoporose.
Deshalb wurden auch diese Erkrankungen als zivilisatorisch bedingt angesehen.
Gewiss trägt vieles von dem, dass in unserer Gesellschaft/Zivilisation geschieht – deutlicher gesagt: aus Bequemlichkeit, begleitet von Fehlund Überernährung, von Bewegungsmangel und unnötigem Umherfahren und -fliegen zum Entstehen dieser Erkrankungen bei:
- mittels Umweltbelastung – statt eigener Belastung (ist es doch leichter, den Verbrennungsmotor zu starten oder zu fliegen als zu gehen)
- mittels Fehl- und Überernährung (ist es doch leichter zu konsumieren und zu völlen als zu verzichten und fasten)
- mittels Bequemlichkeit und Bewegungsmangel.
Dazu kommt ganz automatisch
- fehlende Selbstverantwortung (Schuld sind selbstverständlich immer die Anderen)
- Stress durch Selbsthaftigkeit („Alle denken immer nur an sich, bloß ich denke an mich")
- Unfähigkeit zur Selbstheilung.
Bei all dem fehlen vermutlich Sirtuine, wie wir nun wissen. Doch wie können wir dieses Wissen künftig anwenden?
Einiges von dem, das wir vorher schon geübt und erbracht haben, war richtig:
- Fasten, vor allem das Intervallfasten
- alltäglich so viel Bewegung wie möglich
- weitgehender Verzicht auf unnötige Transporte,
- Achtsamkeit und Bewusstsein
- Bescheidensein und Demut
- das Entwickeln von Selbstlosigkeit (die Buddha gelehrt hat)
- alltägliche Aufnahme notwendiger Pflanzenstoffe.
Forschung und Wissenschaft bestätigt: Bestimmte Pflanzenstoffe fördern die Aktivität unserer Sirtuine. Und schützen damit vor häufigen Zivilisationskrankheiten.
Eigentlich ist das doch ganz einfach. Essenzielle Pflanzenstoffe sind im Basisprogramm für längere Gesundheit und ergänzend dazu in reformleben erklärt. Die Entwicklung, die große Chance für die Gesundheit kommt aus dem Pflanzenreich. Frühere Generationen wussten und sprachen von Heilpflanzen. In der modernen Medizin wird die Bezeichnung nicht gerade gern gesehen. Die potentielle therapeutische Wirkung pflanzlicher Wirkstoffe gilt da als mickrig, schwach und entbehrlich. Oder gar ungünstig. Wie man's nimmt. Wie man es sieht.
Einerseits sind da die Zivilisationskrankheiten (die von außen und mehr noch aus unserem Verhalten entstehen). Andererseits sind da die Sekundärstoffe, die Wirkstoffe, lange bewährter Pflanzenarten. Ob Curcuma, Granatapfel, Grüntee – intuitiv und empirisch wussten die Alten von deren gesundheitlicher Wirkung, ungefähr, lange schon vor den Erkenntnissen der Molekularbiologie. Was und wie Sirtuine sind, was sie können, was sie leisten und wirken, war schlicht unbekannt. Intensiv erforscht wurden unsere Histon-Deacetylasen erst, als nach neuen Strategien zur Gewichtsreduktion gesucht wurde. Solide Erkenntnis daraus:
Fasten, optimal Intervallfasten, erhöht die Sirtuin-Aktivität
Beanspruchung der Körperzellen durch Bewegung und Sport erhöht die Sirtuin-Aktivität, besonders intensiv, wenn die Nahrungsmenge, vor allem die der Kalorienträger, knapp ausreichend statt üblich ist.
Bestimmte Pflanzenstoffe erhöhen die SirtuinAktivität. Dafür besonders bekannt ist Resveratrol, das in Traubenkernen und -schalen vorkommt. Deshalb auch in Rotwein. Die Resorptionsquote im Darm ist nicht hoch.
Wie andere bekannte Flavonoide und Flavanole gilt Resveratrol als antioxidativer Wirkstoff. Während der Energiegewinnung in den Mitochondrien durch indirekte Oxidation entstehen freie Elektronen, die aufzufangen sind. Dadurch werden diese Wirkstoffe selbst oxidiert, können so selber prooxidativ wirken (was unter anderem Frau Nina Ruge in dem Buch "Verjüngung ist möglich" merkbar beunruhigt). Jedoch ist gerade diese Reaktion förderlich für die Freisetzung von Enzymen: Katalasen und Histondeacetylasen, besonders Sirtuin 1, von denen unser Genom, unsere DNA daraufhin überprüft, repariert und regeneriert wird. Die bewährtesten Pflanzenarten mit derartigen Wirkstoffen kennen Sie aus dem Basisprogramm für längere Gesundheit:
- Brokkoli/Quercetin und Sulforaphan
- Camellia sinensis (Grüntee)/Epigallocatechingallat
- Curcuma longa/Curcumin
- Punica granatum (Granatapfel) /Ellagitannine.
Natürlich sind hier noch weitere geläufige Pflanzenarten und Wirkstoffe zu nennen, so die Flavanole aus den Kakaobohnen und das Quercetin aus Äpfeln und Küchenzwiebeln. Bei all diesen Pflanzenarten und Wirkstoffen ist alltägliche, regelmäßige Aufnahme im Verbund, sinnvoller als gelegentliche Megadosierung.
Ergänzt positiv wirksam werden diese Pflanzenstoffe durch Niacin oder Niacinamid (Vitamin B3), woraus in unseren Körperzellen NAD+ (Nicotinamid-Adenin-Dinucleotid), in der Jugend besonders, gebildet werden kann. Ein Hinweis auf Niacin-Mangel kann trockene, schuppende Haut sein, die bekanntlich bei älteren Menschen nicht ganz selten ist. NAD+/NADH stimuliert die Energiegewinnung in den Körperzellen im Zitronensäurezyklus, aktiviert Sirtuin 1 und eine weitere Proteinfamilie (PARPS), die für die Reparatur beschädigter DNA zuständig ist, und die Transskriptionsregulation. Daher kommt dem NAD+/NADH, zusammen mit den genannten Pflanzenstoffen (im Basisprogramm von reformleben erklärt) besondere Bedeutung für die gesunde Lebensdauer zu. Mit den Lebensjahren nimmt der NAD/NADH-Spiegel ab. Wenn wir ihn nicht aus eigener Initiative erhalten.