Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind immer noch Todesursache Nummer 1. Die gute Nachricht: Kaum eine Gruppe von Krankheiten wird durch den Lebensstil so stark beeinflusst, wie diejenige des HerzKreislauf-Systems. Das heißt: Mit ausgewogener Ernährung, genügend Bewegung, Nichtrauchen und einer gezielten Stressbewältigung kann Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorgebeugt werden. Auch bei bereits bestehender Arteriosklerose beziehungsweise koronarer Herzkrankheit ist die Ernährungsumstellung neben der Bewegungsförderung eine wirkungsvolle Maßnahme zur Verbesserung.
Zur Vorbeugung von Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems wird heute vor allem die mediterrane Ernährung empfohlen. Denn nicht umsonst treten in den Mittelmeerländern Gefäßkrankheiten wesentlich seltener auf. Diese Ernährungsform zeichnet sich aus durch frische Zutaten, eine einfache, schonende Zubereitung sowie einen reichlichen Verzehr von Getreideprodukten, Gemüse, Früchten und Milchprodukten. Olivenöl ist reich an einfach ungesättigten Fettsäuren und die Hauptfettquelle. Weitere Bestandteile des mediterranen Speiseplans sind Fisch aufgrund der enthaltenen Omega-3-Fettsäuren, Geflügel und Eier. Rotes Fleisch und Wurstwaren werden eher selten verzehrt. Nüsse, Kerne und Samen gehören hingegen zur täglichen Ernährung.
Früchte und Gemüse liefern Vielzahl nützlicher Inhaltsstoffe
Nahrungsfasern helfen bei der Senkung eines erhöhten Cholesterinspiegels. Antioxidative Vitamine wie Beta-Carotin, Vitamin E und Vitamin C schützen die Fette im Organismus vor gesundheitsschädigenden Stoffen wie den sogenannten freien Radikalen, die zum Beispiel durch Inhaltsstoffe des Zigarettenrauches im Körper entstehen können. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) schreibt aufgrund der umfangreichen Studienlage auch den sekundären Pflanzenstoffen – also diejenigen Substanzen, die Geschmack, Farbe oder Geruch der Pflanze bestimmen – einen schützenden Effekt auf das HerzKreislauf-System zu.
Tomaten für den Blutfluss
So halten zum Beispiel die sekundären Pflanzenstoffe aus der Tomate die Blutplättchen geschmeidig. Aus dem Gel, das die Tomatenkerne umgibt, wird mittlerweile ein Tomatenextrakt (WSTC) gewonnen, das aus 30 verschiedenen sekundären Pflanzenstoffen besteht und dessen positive Wirkung auf den Blutfluss von der EU mit der Vergabe eines sogenannten Health Claims anerkannt wurde. Das Wirkprinzip ist wie bei der Acetylsalicylsäure (ASS), nur dass der Tomatenextrakt völlig nebenwirkungsfrei ist. Dieser Tomatenextrakt hemmt die Aktivierung der Blutplättchen und hält sie geschmeidig, sodass sie besser durch die Blutgefäße zirkulieren können. Dadurch kann die Gefahr, dass die Blutplättchen miteinander verklumpen, deutlich verringert werden. Auf die normale Blutgerinnung – also darauf, dass das Blut seine Aufgabe erfüllt und im Falle einer Verletzung eine Wunde verschließen muss – hat der Tomatenextrakt keine Auswirkung. Er verhindert vielmehr, dass die Blutplättchen ohne Grund aktiviert werden, also ohne dass eine Verletzung vorliegt. Dies passiert zum Beispiel, indem die Blutplättchen gegen Cholesterinablagerungen in den Adern stoßen. Je älter man ist, desto größer ist diese Gefahr, weil die Verkalkung der Blutgefäße (Arteriosklerose) leider mit zunehmendem Alter fortschreitet. Auch Raucher, Diabetiker, Vielflieger oder Menschen mit Bluthochdruck oder Übergewicht sind einem erhöhtem Risiko ausgesetzt.
Tomatenextrakt auf Langstreckenflügen
Vor diesem Hintergrund wird auch klar, warum sich im Flugzeug viele Passagiere für den Tomatensaft entscheiden, obwohl sie dieses Getränk am Boden in der Regel nicht anrühren würden. Offenbar folgen sie einem Instinkt: Die Pflanzenstoffe der Tomate fördern nämlich den gesunden Blutfluss und beugen so der bei Flugreisenden so gefürchteten Beinvenenthrombose vor.
Kakao für die Elastizität der Blutgefäße
Dass Schokolade nicht nur lecker schmeckt, sondern auch gesundheitsfördernde Eigenschaften hat, ist bekannt. Grund sind auch hier die in der Kakaobohne enthaltenen Kakaoflavanole. Sie setzen bei den Innenwänden der Blutgefäße an und lassen den Gehalt von Stickstoffmonoxid ansteigen. Dadurch entspannt sich der Gefäßmuskel und die Adern weiten sich. Ergebnis: Das Blut kann besser fließen. Von der Europäischen Lebensmittelbehörde (EFSA) anerkannte Studien bestätigen diesen Zusammenhang.
Kakaoflavanole können Risiko für Herztod senken
Dass der regelmäßige Konsum von Kakaoflavanolen offenbar das Risiko für einen Tod durch Herzkrankheiten senkt, fanden Forscher des Brigham and Women’s Hospital in Boston, Massachusetts (USA) in einer groß angelegten Studie mit 21.000 Teilnehmern heraus, die jetzt im „American Journal of Clinical Nutrition“ vorgestellt wurde. Die Probanden nahmen nach dem Zufallsprinzip über einen Zeitraum von 3,6 Jahren entweder ein Multivitaminpräparat oder 500 Milligramm Kakao-Flavanole ein. Ergebnis: Bei allen Testpersonen, die über den gesamten Zeitraum regelmäßig Kakaoflavanole eingenommen hatten, traten rund 15 Prozent weniger kardiovaskuläre Ereignisse und 39 Prozent weniger Todesfälle durch Herzkrankheiten auf. Demgegenüber hatte die tägliche Einnahme von Multivitaminpräparaten keine signifikanten Auswirkungen auf die Gesamtzahl der kardiovaskulären Ereignisse oder Todesfälle.
Schokolade gegen Herzinfarkt?
Wer von der gesundheitsfördernden Wirkung der in Schokolade enthaltenen Kakaoflavanole profitieren, aber nicht zunehmen will, hat ein Problem: Die vielen Kalorien und der Zucker machen die gesundheitliche Wirkung des Kakaos wieder völlig zunichte. Der Energiegehalt von Zartbitterschokolade unterscheidet sich kaum von der Vollmilchvariante und liegt bei rund 540 Kilokalorien pro Tafel. Zusätzlich schränkt die Milch in der Schokolade die Wirkung ein und auch bei der Herstellung der Schokolade geht ein großer Teil der Kakaoflavanole verloren. Glücklicherweise kann man Kakaoflavanole inzwischen auch konzentriert mit Nahrungsergänzungen in Kapselform aufnehmen.
Erschienen in:

Ausgabe Nr. 46 (Sept./Okt. 2022)
Protein – der vergessene Nährstoff!
Eiweiße sind für den Menschen ebenso wichtig wie Fette und Kohlenhydrate. Biologin Julia Tulipan erklärt, warum wir dem Nährstoff mehr Beachtung schenken sollten.